Alben & Lieder

Eine Einsamkeit

1961, Text/Musik: Georg Kreisler

Eine Einsamkeit kommt nicht weit.
Sie geht langsamer mit der Zeit.
Sie sitzt lange auf den Bänken
und hat Blumen zu verschenken,
aber niemand int’ressiert sich weit und breit.

Eine Einsamkeit weiß Bescheid.
Sie hat Mitgefühl und verzeiht.
Sie geht nickend durchs Gelände,
und sie ahnt ihr frühes Ende,
denn: wie nahe auch ihr Ziel ist – es ist weit.

Sie besteht aus Verzicht,
und wenn wer mit ihr spricht,
sagt sie schnell: Keine Zeit, ich muß gehn.
Und sie eilt mit letzter Kraft um eine Ecke,
und bleibt lächelnd eine Viertelstunde stehn.

Eine Einsamkeit macht sich breit.
Sie entwickelt sich und gedeiht.
Und nach sounsoviel Tagen
wird sie still hinausgetragen,
und man legt sie in die tiefste Dunkelheit.
Und dort ruht sie auf der Bahre
und blickt leblos in die Jahre,
Bis der Himmel sie entdeckt und überschneit.