Alben & Lieder

Zu leise für mich

1968, Text/Musik: Georg Kreisler

Ich sitz' schon lang im Kabarett und singe Lieder
wie eine mutige, doch alternde Soubrette,
und diese Lieder hörn die Leute immer wieder,
und der Flieder
blüht im nächsten Mai genauso violett.

Ich singe lächelnd, denn ich denke an die Pause;
die Leute lächeln, denn sie wolln mich gern verstehn.
Dann ist die Vorstellung vorüber, und ich sause,
und zu Hause
fällt mir ein: Es ist schon wieder nichts geschehn.

Denn sehn Sie, so ist das Leben:
Man setzt sich, doch man setzt sich nur daneben.
Irgendwer drüben treibt etwas, meldet sich -
aber zu leise für mich.

Ich sing vom Frühling und von Liebeslust im Grünen,
auch von Politikern und manchem krummen Ding.
Die Leute lachen, und sie klatschen wie Maschinen,
aber ihnen
ist es vollkommen egal, warum ich sing.

Ich hör die Leute unten denken, seh sie schwanken,
und ihre Tränen fallen meinen vis a vis.
Ich würd auch allzugern mit dem und jenem zanken,
doch sie danken
und verschwinden mit der eignen Melodie.

Denn sehn Sie, so ist das Leben:
Erst geht man auf den Leim, dann bleibt man kleben.
Wenn einer laut um Hilfe schreit außer sich,
ist er zu leise für mich.

So sitz ich nach wie vor hier fest und singe Lieder,
und bleibe wirkungslos vom eignen Klang berauscht.
Die schönen Damen plustern eifrig ihr Gefieder
auf und nieder,
doch man hört mich nicht, auch wenn man höflich lauscht.

Ich singe Lieder in die blauwattierte Ferne.
Ich hänge Klagen an die pausenlose Zeit.
So hebt ein jeder seine winzige Laterne,
und ich lerne:
Nur das Lied bleibt und die Hoffnungslosigkeit.

Denn sehn Sie, so ist das Leben,
und dieser Schaden läßt sich schwer beheben.
Andere singen ebenso - sicherlich,
aber zu leise für mich.
Andere singen ebenso - sicherlich,
aber zu leise für mich.


Nach „Allein wie eine Mutterseele“ Strophe 2:

Ich seh die Kinder und den Gottesmann im Grünen,
ich seh den Leutnant und die Tänzerin im Schnee.
Sie blinzeln rhythmisch in der Sonne wie Maschinen,
aber ihnen
ist es vollkommen egal, daß ich sie seh.

Ich seh sie spielen und ermüden oder schwanken.
Sie seh’n auch mich, wenn ich nicht Angst hab und entflieh.
Ich würd ja gerne mit den Allerbesten zanken,
doch sie danken
und verschwinden mit der eignen Melodie.


Aufnahme E


Ich sitz schon lang im Kabarett und singe Lieder
- wie eine mutige, doch alternde Subrett. -
Und diese Lieder hör’n die Leute immer wieder,
und der Flieder
Blüht im nächsten Mai genauso violett.

Ich singe lächelnd, denn ich denke an die Pause.
Die Leute lächeln, denn sie woll’n mich gern versteh’n.
Dann ist die Vorstellung vorüber, und ich sause
und zu Hause
fällt mir ein, es ist schon wieder nichts gescheh’n.

Denn seh’n sie, so ist das Leben.
Man setzt sich, doch man setzt sich stets daneben.
Irgendwer drüben treibt etwas, meldet sich
- aber zu leise für mich. -

Ich sing‘ vom Frühling und von Liebeslust im Grünen,
auch von Politikern und manchem grummen Ding.
Die Leute lachen, und sie klatschen wie Maschinen,
aber ihnen
ist es vollkommen egal, warum ich sing‘.

Ich seh‘ die Leute unten sitzen, hör‘ sie schwanken,
und ihre Tränen fallen meinen visavis.
Ich würd‘ ja gerne mit den allerbesten zanken,
doch sie danken
und verschwinden mit der eig’nen Melodie.

Denn seh’n sie, so ist das Leben.
Erst geht man auf den Leim, dann bleibt man kleben.
Wenn einer laut um Hilfe schreit - außer sich -,
ist er zu leise für mich.

So sitz‘ ich nach wie vor hier fest und singe Lieder
und bleibe wirkungslos vom eig’nen Klang berauscht.
Die schönen Damen plustern eifrig ihr Gefieder
Auf und nieder,
doch man hört mich nicht, auch wenn man höflich lauscht.

Ich singe Lieder in die blau wattierte Ferne.
Ich hänge Klagen an die pausenlose Zeit.
So hebt ein jeder seine winzige Laterne,
und ich lerne,
nur das Lied bleibt und die Hoffnungslosigkeit.

Denn seh’n sie, so ist das Leben.
Und dieser Zustand lässt sich schwer beheben.
Andere singen ebenso – sicherlich -,
aber zu leise für mich.

Andere singen ebenso – sicherlich -,
aber zu leise für mich.