Alben & Lieder

Wie wunderbar ist doch Musik

1976, Text/Musik: Georg Kreisler

Meine Freundin, die einen Dackel mit drei Beinen hat,
und auch von Vögeln was versteht, jedoch nur einen hat,
die nahm ich unlängst mit mir ins Konzert.
Zuerst war sie total verstört,
doch plötzlich rief sie voller Glück:
Wie wunderwunderwunderwunderbar ist doch Musik!

Wenn ich jetzt in der Fabrik so lange sitzen muß,
dass mir mein Steißbein so sehr wehtut, dass ich schwitzen muß,
dann denk ich einfach manchmal zwischendrein
an Bernstein, Milstein, Rubinstein,
und sofort fühl ich mich wohl in dieser scheußlichen Fabrik.
Wie wunderwunderwunderwunderbar ist doch Musik!

Viola d’amore, wie klingt sie im Ohre so hehr.
Wer Alban Berg schafft, braucht keine Gewerkschaft mehr. Das wär vulgär.
Auch beim alten Bach wird ich immer schwach.
Haydn ist entzückend, wenn ich Kugellager mach.
Hör ich Debussy, amapremidi,
störn mich die paar Überstunden nie.

Und ein zerlumpter alter Perser tief in Teheran
sah sich eines Tags die Zauberflöte näher an.
Und trotz Hunger, Ödemen, Rachitis und Ruhr
studierte er die Partitur,
und rief noch im Sterben mit brechendem Blick:
Wie wunderwunderwunderwunderbar ist doch Musik!

Und als der Schah das hörte, sprach er: Ja, da frag ich mich,
wenn Musik soviel vermag, ja, wozu plag ich mich?
Bringt mir flink den Nibelungenring
und die schönsten Oratorien von Humperdinck!
Ich hab genug von Politik!
Von jetzt an leb ich nur noch für mein Volk und für Musik!

Und auf der Welt auch alle anderen Politiker
riefen: Schluß mit der Macht – wir haben sie dick!
Nur die Schweizer, die wurden Kritiker,
alle anderen machten Musik.

Jeder wollte ganz besonders musikalisch sein,
es gab Kanzlerorchester, einen Bürgermeisterchor.
Zwar: es konnte nicht gleich jeder ein Sawallisch sein,
doch wer nichts konnte, wurde halt Tenor.

Kissinger spielte Fagott, Helmut Schmidt Saxophon.
Breschnew gelang auf der Orgel die Lukaspassion mit hehrem Ton.
Jassi Arafat spielte mit Sadat
Schönbergs Violinsonate tadellos vom Blatt.
Aus dem Weißen Haus klang die Fledermaus.
Strauß natürlich spielte nichts wie Strauß.

Und die ganze Welt fing wunderbar zu klingen an,
denn es gibt ja schließlich niemand, der nicht singen kann.
Über Nacht war alle Not vorbei.
Man stellte fest: Der Mensch ist frei,
und von Freiheit führt kein Weg zurück.
Niemand wollte irgendwelche Kriege führen
oder seine eigene Karrier’ forcieren,
jeder war durchdrungen und durchklungen von Musik!