Alben & Lieder

Sie sind so mies

1974, Text/Musik: Georg Kreisler

Wenn ich mir heut so den Onassis betracht –
den hat man doch nicht als Onassis gemacht.
Der war erst Geschäftsmann, vielleicht kein sehr feiner,
aber das war verständlich, denn er war ja ein kleiner.
Dann wurde er groß, und jetzt ist er doch wer!
Warum ist der Mann bis heute nicht fair?
Oder nehmen wir den Nixon, der sitzt doch on Top.
Der braucht nicht intrigiern für ein’ besseren Job,
der hat seine Stellung, hat seine Pension –
warum ist der so mies? Was hat er davon?
Warum können führende Menschen auf Erden
nicht freundlicher, selbstloser, menschlicher werden?
Ich hab drüber sehr lange nachgedacht,
und jetzt weiß ich die Lösung, geben Sie acht:

Diese führenden Menschen,

die sind so mies. Ja, die sind so mies,
die Nixons und die Krupps und die Onassis.
Sie sind so mies, wollen das und dies
und wissen dabei nicht einmal, was was ist.
Sie wollen nur und feilschen nur und lügen nur und stehlen nur
und riechen nur die nichtvorhandnen Lunten.
Sie wünschen dir ich weiß nicht was, denn du bist da und sie sind da,
und wichtig ist vor allem: Du bist unten.

Sie sind so mies. Ja, sie sind so mies,
die großen und die kleineren Verbrecher.
Der schönste Platz wird kein Paradies –
sie bohren überall dieselben Löcher.
Sie schrauben dir die Blumen und die Bäume ab
und treten dich voll Freude in den Bauch.
Sie sind so mies, ach, so schrecklich mies,
und sie glauben, alle andern sind es auch.

Sitzen sie im Aufsichtsrat, in Vorstand und Verwaltung,
woll'n sie noch womöglich Präsident sein.
Sind sie schon Professor, General und Generaldirektor,
woll'n sie noch ihr eigner Konkurrent sein.
Hab’n sie schon Millionen und Millionen und Millionen,
klau'n sie immer noch zehn Pfennig am Klosett.
Und steh'n sie in der Zeitung, krieg’n sie jedes Mal Orgasmen,
die gehn ihnen dann später ab im Bett.


Sie sind so mies. Sie sind widerlich,
die Rockefellers, Neckermanns und Thyssens.
Nur Kriege teilen sie brüderlich,
und du und ich und alle andern büßen’s.
Sie haben zwanzig Wohnungen und Farmen und Besitze,
Dividenden, Hypotheken und Renditen.
Doch wenn du dich auf zwei Zimmer drückst und gottbehüt noch Kinder kriegst,
erhöhen sie die Preise und die Mieten.

Sie sind so mies, krieg’n den Hals nicht voll,
wobei ja wir für sie nur dummes Vieh sind.
Ich weiß nicht, wie sich das ändern soll,
weil wir doch leider nie so mies wie die sind.
Sie stopfen sich die Taschen und den Magen voll.
(Die Knochen kriegt der Kanzler, der Kurier.)
Sie sind so mies, so entsetzlich mies,
und dabei: Freude hab’n die weniger als wir.

Aber währ’nd wir davon reden, fällt der Papst mir ein,
der ja auch nicht höher steigen kann, als er schon ist.
Aber trotzdem muß er raffen, seine Pfarrer segnen Waffen,
Er hat nichts von seiner Nülle, doch verbietet er die Pille,
und er sagt den Kardinälen: Ich will Seelen, Seelen, Seelen,
und verordnet und verlangt und proklamiert.
Ja, was hat er denn, was hat der Kardinal, der Bischof, Erzbischof
davon? Die sind doch alle arriviert!

Aber sie sind so mies. Ja, sie sind so mies,
sie droh'n uns mit der Hölle und dem Himmel.
Sie segnen uns und sie lächeln süß
und wecken uns am Sonntag mit Gebimmel.
Der Vater soll die Steuer zahl’n. Die Mutter soll zur Beichte gehn.
Die Kinder sind schon stramme Onanisten.
Nur zu Indern und Chinesen sind sie manchmal nett gewesen,
denn man braucht ja schließlich immer neue Christen!

Für uns wärn’s sicher auch kein Verlust,
die Pfarrer und Pastor'n und Ministranten.
Die Römer hab’n schon genau gewusst,
warum sie sie nach Möglichkeit verbrannten.
Mit Franco Konkordate schließen, das können sie.
Wie viel Tyrannen hab’n sie schon gekrönt?!
Sie sind so mies, so beharrlich mies –
ach, ich habe mich bis heute an die grundlos miesen Leute
einfach um’s Verrecken nicht gewöhnt!