Alben & Lieder

Orpheus in der Filmwelt

1956, Musik: Jaques Offenbach, Text: Gerhard Bronner, Georg Kreisler

Kommt mit, wir zeigen euch die Unterwelt.
Kommt mit, zur bunten Kinowunderwelt,
dort wo alles möglich ist, auch wenn's noch so kläglich ist,
wo man Honorare bald nur für schlechte Ware zahlt.

Kommt mit, damit ihr alles seht, wie man heutzutage ohne Plage ohne Frage
fürstlich lebt, nach D-Mark strebt und dabei die Kultur begräbt.
Kommt mit, kommt alle mit,
damit ein jeder von euch sehn kann, was in der Unterwelt geschieht.
Wie das entstehn kann, was uns dann ungeniert in den Kinos vorgeführt,
wie das alles konstruiert, plagiiert, umkopiert, z'sammgeschmiert wird,
und keiner schert sich um das arme Publikum, warum, es ist ja stumm.
Na ist das nicht zu dumm?
Es ist zu dumm, es ist zu dumm, es ist zu dumm, es ist zu dumm.

Nun treten wir ein, am Eingang jeder Unterwelt steht seit Dantes Jahren:

"Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffung fahren."

Wir treten trotzdem ein.

Erst kommt ein Autor mit viel Talent und Ambition,
der setzt sich hin, nur so ganz gehen, nimmt Pervitin und hat Ideen
und sieht nachts im Traum einen wunderschönen wirklich guten Film.

Ein Film,
Ein Film, wo alles logisch ist,
Ein Film, der pädagogisch ist,
Ein Film, wie man ihn nie gesehn,
von Menschen, die im Leben stehn.
Er schreibt das Buch mit viel Talent,
nur fehlt ihm noch
ein finanziell fundierter aber künstlerisch verständnisvoller
Produzent.

Dieser Produzent ist da, und er sagt begeistert: Ja,
zum Film, wo alles logisch ist,
(da muß man Kleinigkeiten ändern da und dort)
zum Film, der pädagogisch ist,
(ich bitt' Sie kleben Sie nicht so an diesem Wort)
ein Film, wie man ihn nie gesehn,
(solang das Publikun bezahlt ist das egal)
von Menschen, die im Leben stehn
(Luise Ulrich wäre dafür ideal).

Dann nimmt er das Buch nach Haus und alles Gute daran streicht er aus.
Und dannn schreibt der Produzent, weil er Geld verlieren könnt'
noch ein neues Happy-End.

Doch dann fängt an die zweite Schweinerei,
ein Mann kommt an mit allerlei Geschrei:
Ihr wisst, das ist ein Mist, so wird's euch nicht glücken,
gebt mir schleunigst einen dicken roten Blei....,
die Pfuscherei reiß ich entzwei, ich bin vom Deutschen Filmverleih.

Das Buch ist zu originell, das ist ja beinah kulturell,
wenn dieses Buch verfilmt wird könnte sich vielleicht erweisen,
daß die Kritiker es preisen, und das wär katastrophal,
und darum schreiben wir das ganze noch einmal.
Geschäftsgebarung und Erfahrung,
unsere Firma fordert, daß man nehme:

Einen Silberwald mit grüner Heide, ferner leuchtendes Alpenrot,
und ein Kind in dekolletiertem kleide schwört einem Förster Liebe bis zum Tod.
Wie subtil, wie fein, wie minniglich,
dieser Stil, so rein, so inniglich.
Bedenke das Vergnügen, wenn sich die beiden am Ende auch kriegen,
dann beginnen sie zu jodeln:
Heimatland, du hast's mir angetan, da fängt das Publikum zu weinen an,

Ist die Idee nicht wunderschön, das muß doch jedermann verstehn,
ich denke nur an die Kultur und unser Volk (und das Geschäft)
Wer sich beklagt, und wer da sagt, das ihm daß Thema nicht behagt,
der schert sich nicht um unsere Pflicht zu unsererm Volk (um's Geschäft)
wir legen los, wir denken groß, und unser Lohn ist doch bloß
ein bißchen Ehr', was will man mehr von unserem Volk (und das Geschäft)

Hört auf meinen Rat, (Ja, wir hör'n)
schreitet auf zur Tat. (aber gern)
Dieser Film wir fein, (das ist klar)
der bringt Geld herein. (das ist wahr)
sind wir dann erst reich, machen wir gleich einen ganz neuen Film voll Kultur und Niveau und der Film geht dann so:

In dem Silberwald mit grüner Heide, leuchtet leuchtendes Alpenrot
Und ein Mann im Försterkleide schwöret einem dekolletierten jungen Kinde seine Liebe bis zum Tod.
Silberwald und Schützenliesel, grüne Heide, leuchtendes Alpenrot,
Silberwald, Alpenrot, Kaiserwald, Heidegrab. (Schööön)

Und der Film ist jetzt fertig,
und der Film läuft jetzt an,
und wir bedanken uns ergebens bei den Herren:

Stapenhorst und Tischendorf, Frau Kubaschewski, Gloria,
NDF und CCC und mindestens ein Marischka,
Schönbrunn-Film, Ernest Müller, Deutsche London Film und Constantin,
doch das ist noch gar nichts denn die folgenden sind auch noch drin:

Willy Birgel, Kückelmann und Fackeldey,
Oskar Sima ist natürlich auch dabei,
Eva Bartok, Söderbaum und Leuwerik,
Dieter Borsche und der Walter Müller, Walter Giller, Nadja Tiller,
Romy Schneider, Magda Schneider, leider, leider, leider leider leider auch.

Regie führt ein großer Denker namens Luis Trenker,
wenn man Pech hat, kann es auch der Antel sein.
Er führt stolz die ganze Schar an, gleich danach kommt Harlan,
auch der Dörfler passt hier gut herein.
Dann kommt Borsody und Stöger, Bolvary und Cziffra,
Kutter, Ritter, Ostermayr, Hübler-Kahla,
es kann auch der Helmut Weiß sein, Pabst kann auch noch frei sein
und das danken wir nur dem Verleih.

Stapenhorst und Tischendorf, Frau Kubaschewski, Gloria
NDF und CCC, Europa und Bavaria,
Schönbrunn-Film und die Sascha-Film, DLF, Zenith und Constantin
Jeder macht unbedacht, unbewacht über Nacht
noch'n Film nud noch'n Film und noch'n Film und noch'n Film:
und noch'n Film:

Zum Beispiel mit dem Prack und der Sonja Ziemann,
manchmal mit dem Rühmann
oder mit der Gutwell und dem Rudolf Lenz,
und hat schon die Nase voll, Mann,
dann kommt noch die Bollman und macht Jester Naefe Konkurrenz
Man lockt nimanden hinterm Ofen vor mit einem Hoven,
auch mit Bernhard Wicki ist das ausgeschlossen,
doch muß es weiter so sein, so muß das Niveau sein
weil sonst die Verleiher ihre eigenen Filme nicht verstehen,
drum muß das in Ewigkeit so weitergehen.
so wird bei uns sehr viel Geld gemacht,
nur das Geschäft wird hier bedacht,
Der Chef der Unterwelt, der lacht (ha ha ha ha ha ha ha ha)
der Chef der Unterwelt, der lacht
und wünscht uns Gute Nacht.