Alben & Lieder
enthalten auf
Ohne Krieg
1981, Text/Musik: Georg Kreisler
Waffen, überall Waffen, Männer wie Affen oder Tiger auf'm Sprung
Haine voller Gebeine, eine gemeine Ansammlung.
Gebeine, die verscharrt anstatt begraben sind,
die nicht mehr Knaben sind wie vor dem Knall.
Gebeine, die für gar nichts mehr zu haben sind,
nur radioaktiven Zerfall.
Eisen, Kälte und Eisen, Witwen und Waisen, Terror und Mord,
Leichen, bleichende Leichen, nicht zu erreichen durch irgendein Wort.
Tränen, die jetzt nicht mehr tropfen können,
weil die kranken Herzen kaum noch klopfen können.
Emotionen die sich nicht mehr regen können,
weil sie ringsumher nichts widerlegen können.
und die Klagen die im eigenen Saft erfrieren
und nach zwei Minuten jede Kraft verlieren.
Genug von der Zukunft, sie muß nicht so werden,
man nennt sie auch Zukunftsmusik.
Der Friede auf Erden bringt immer Beschwerden,
doch das heißt noch lange nicht Krieg.
Es muß möglich sein daß diese Welt
sich nicht immer das Leben vergällt.
Diese Welt wär für alle ein Sieg,
ohne Krieg, ohne wieder Krieg.
Es muß möglich sein, daß man sich küsst
und den anderen so läßt wie er ist,
trotz Vertrauensbruch oder Intrig'
ohne Krieg, ohne Krieg.
Man muß den Gegner mit Worten nicht schonen,
kann sich zurückziehn und ganz allein wohnen.
Wenn's sein muß, schießt doch mit blinden Patronen,
aber gleich überfallen, mit Atomwaffen knallen ist das dümmste von allen.
Man sieht Israels Haltung zwar ein,
doch Palästina muß trotzdem wohl sein,
drum sperrt doch zu jede Rüstungsfabrik, ohne Krieg.
Und dann trifft sich vielleicht in der Mensa: Israel, Palästinenser,
und dann schrein sie sich an und ein jeder übt harte Kritik.
Ein halbes Stündchen woll'n sie sich lynchen,
doch schließlich siegt die Politik.
In jedem Falle ist Platz für alle,
drum ist auch Platz für Palästina ohne Krieg.
Russland ist doch kein Stußland,
die USA sind schließlich kein Witz,
China ist niemandes Diener,
na und so'n Ostberliner, der will doch ooch mal nach Britz.
Jeder will Paris seh'n und den Taj Mahal,
nicht nur ein Feldmarschall und ein Soldat.
Menschen gibt's bekanntlich beinah überall,
doch was ist das Endresultat?
Grenzen, begrenzende Grenzen, Staatskompetenzen, Vaterlandseid.
Fahnen, Kampfveteranen, arische Ahnen, Argwohn und Neid.
Du hast drüben rote Hängematten,
wovon wir herüben eine Menge hatten
Ja und du hast drüben eine Feldhaubitze,
da sagst du zu mir: Du hast Atomgeschütze?
Aber du machst selber Atomarpistolen!
Was geht dich das an? Dich soll er Teufel holen.
So streitern sie weiter, erbittert und brausend,
bis keiner mehr weiß, was er spricht.
Doch es streiten sich zwei oder zehn oder tausend,
#die Massen, die streiten sich nicht.
Nein die Massen die schauen bloß zu,
und ein jeder will nur seine Ruh'.
Man gewöhnt sich ja an Politik,
nicht an Krieg, nicht schon wieder Krieg.
Man will Arbeit und Freude und Spiel,
und im Grund' woll'n nur wenige viel,
aber keiner hört gern das gequiek'
über Krieg, immer Krieg.
Doch leider fragt heute niemand die Massen,
vor allem lehrt man sie schleunigst das Hassen
und für das Vaterland freudig erblassen,
und wenn einer sich wehrt wird er so lang' belehrt bis sich keiner mehr wehrt.
Und daraus folgt der Schluß umgekehrt:
Es nützt gar nichts wenn einer sich wehrt,
nur wenn alle es schreien klappt der Trick:
keinen Krieg, keinen Krieg
Und sprech ich ein Wort für mich selber:
Ich will nicht sein wie die Kälber
wenn ich leb' ist mir wurscht ob ich sieg oder feig unterlieg'.
Ich schrei nach Noten, ich weck die Toten,
weil ich schon viel zu lange schwieg.
Ich will nicht hungern, das tu' ich ungern.
Ich hasse alle Explosionen,
will nichts mehr hören von Neutronen,
will niemand killen, um Gottes Willen,
ich will nur immer wieder brüllen:
Keinen Krieg !