Alben & Lieder
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O sancta politica
1957, Musik: Albert Lortzing, Text: Gerhard Bronner, Peter Wehle
Oh Sancta Politica,
ich möcht’ dir dienen, ich möcht’ dir dienen,
ich such’ bei dir mein Lebensglück.
Ich möchte mühelos mein Geld verdienen
und hab’ für Arbeit kein Geschick:
D’rum möcht’ ich in die Politik!
Ich möchte in die Politik!
Denn ein Politiker kann jeder werden,
er wird es leicht und ohne Beschwerden.
Er braucht nicht in die Schule geh’n,
er braucht zu keinem Lehrer steh’n,
er braucht kein Abitur, auch kein’ Kultur, denn er braucht nur
eine Wahl, die Zahl von Wählern,
die überhaupt ihm alles glaubt.
Und wenn er die mal hat,
in der Tat!
Hat er schon sein Mandat!
Dann keimt, dann wächst, dann blüht seine Saat,
und dann sitzt er im Rat!
Ich glaub’, ich würd’ es gut verstehen,
ich kann Problemen gut aus dem Wege gehen,
ich sag den Leuten das, was sie gerne hören
und kann sofort darauf das Gegenteil beschwören.
Denn ich weiß zu konferieren, zu intrigieren
und Spesen zu kassieren,
zu konstatieren, zu dementieren
und im Mercedes lass’ ich mich gut chauffieren.
Von Gottvertrauen sprech’ ich laut und schön,
in Wochenschauen bin ich sehr fotogen.
Bring zum Steigen alle Preise,
doch ich leb’ in einem Kreise
mit zufriedenem Gesicht!
Ich bin nicht klug und weise,
doch merkt das Volk es nicht.
Ich bin nicht klug und weise,
doch merkt das Volk es nicht!
Das dumme Volk bemerkt es nicht,
das dumme Volk bemerkt es nicht,
sicher nicht!
Ich vermeid’ die vollen Züge,
wenn ich eine Reise tu’.
Weil ich viel viel lieber fliege
Und als Politiker braucht man bekanntlich überhaupt kein Geld dazu!
Und mein Sekretär putzt, während ich im Flugzeug Zeitung lese, meine Schuh’.
Dazu Diäten noch in petto,
mit einem Wort: Mein Brutto ist Netto!
Will jemand was haben,
weint herzzerbrechend,
und ist die Bitte, die er an mich hat,
nicht allzu schwer und ist privat,
sein Exterieur mir angenehm,
und irgendwie bestechend:
Dann steh’ ich jederzeit
Für solche Leut’
bereit!
Danke für die gütige Unterstützung!
Ich zeig’ mich gern im Frack und im Zylinder,
mit meinem ehrlichen Gesicht
und manchmal küss’ ich kleine Kinder – brrrr!
Doch das ist eine fade G’schicht:
Denn Kinder wählen ja noch nicht.
Ich bin nicht klug und weise,
das ist nicht meine Pflicht.
Ich habe meine Preise,
doch kennt das Volk sie nicht
Ich hab’ einen guten Schneider,
der von Spesen wird bezahlt.
Ich verachte meine Neider,
wenn es sein muss mit Gewalt.
Und ich wirke automatisch
so diplomatisch
und sehr sympathisch,
ich bin statisch,
problematisch,
symptomatisch,
telepathisch,
und dramatisch
und ekstatisch
und fanatisch,
systematisch,
demokratisch!
Nach allem, was ich euch erzählt’
Werd’ ich auch sicherlich gewählt!
So ein Politiker hat noch gefehlt!
Wenn auch äußerlich geschwankt wird,
ist’s mir innerlich egal.
Denn ich bin, wenn es verlangt wird,
atheistisch – klerikal!
Denn ich weiß zu intrigieren,
zu insultieren,
zu prozessieren,
zu blamieren,
inspizieren,
kommandieren,
kalkulieren,
malträtieren,
echauffieren,
führen,
rühren,
schmieren,
entnazifizieren.
Nach allem, was ich euch erzählt,
werd’ ich auch sicherlich gewählt!
So ein Politiker hat noch gefehlt!
So ein Politiker hat noch gefehlt!
Und darum wendet sich mein Blick
zur Politik!