Alben & Lieder

Lied für Kärntner Männerchor

1957, Text/Musik: Georg Kreisler

Hoch droben auf den schneebedeckten Almen,
wo graset das bekannte gute Rind,
dort wachsen nicht des warmen Südens Palmen,
doch wachset dort manch warmes blondes Kind.
Die Else ist's, von der wir heut' erzählen,
die auf der Alm vor kurzem erst verschied.
Noch heute tönt aus jungen frischen Kehlen
der schönen Else schaurigtraurig Lied,
ja, das schaurigtraurigtraurigschaurig Lied.

Armes einäugiges Elschen, schöne blonde Fee,
sitzt auf nacktem Felschen, ach, wie tut ihr das weh!
Bald muß auf sie brechen, in das Dorf geht sie,
sie will ihren Veit dort erstechen; aber wie, aber wie, aber wie?

Hoch droben auf den schneebedeckten Almen,
wo selbst die kühnste Gemse sich nicht traut,
tat Elschen manchen Regenwurm zermalmen
und aß ihn freudig auf mitsamt der Haut.
Einst traf sie einen Jäger namens Jochen,
sie sah ihn an, und ach: ihr Herz ward sein.
Doch nachts darauf hat sie ihn abgestochen,
im dunkeln hielt sie Jochen für ein Schwein,
ja, im dunkeln hielt sie Jochen für ein Schwein.

Armes einäugiges Elschen, sitzt auf hoher Tann',
reckt sich aus das Hälschen nach ihrem Jägersmann!
Muß ins Dorf wieder laufen, sei's auch unbequem;
will doch ihr Kind dort verkaufen, aber wem, aber wem, aber wem?

Die Polizei, die kam das Elschen suchen,
denn Mord ist für die Polizei kein Scherz.
Ganz plötzlich hörte einer lautes Fluchen,
da schoß er hin und traf sie in das Herz.
Dem Manne tat es nachher freilich leide.
Man legte sie behutsam dort zur Ruh.
Jetzt schläft sie still inmitten auf der Weide,
das Gras von ihrem Grab frißt eine Kuh,
ja, das Gras von ihrem Grab frißt eine Kuh.

Armes einäugiges Elschen, die ihr Leben gab:
Käferchen, Bienchen und Gelschen schwirren um ihr Grab.
Oft kommt ein einsamer Bauer auf die grüne Alm
und singt dort in tiefer Trauer einen Psalm, einen Psalm, einen Psalm.