Alben & Lieder

Im Warenhaus (Warenhaus "International")

1974, Text/Musik: Georg Kreisler

STETS BESTREBT, DIE GUNST DER ZAHLENDEN DAMEN UND HERREN KONSUMENTEN UND KONSUMENTINNEN ZU ERLANGEN, LADE ICH SIE HÖFLICHST EIN, DAS WARENHAUS "INTERNATIONAL" MIT IHREM BESUCH ZU BEEHREN!

Treten Sie nur ein in meinen Laden!
Schaun Sie sich ganz unverbindlich um!
Kaufen Sie ihn aus nach Strich und Faden,
aber bitte: Nehmen Sie's nicht krumm!

Liebe haben wir leider keine,
die ist ein Ladenhüter.
Wir haben Opernsänger, Volksempfänger, Untermieter.
Wir bieten Narben aller Farben zum Verkauf.
VERKAUF;VERKAUF;VERKAUF.

Liebe haben wir höchstens eine,
das ist die Eigenliebe.
Weil die nach Abzug alles andrem immer übrigbliebe,
geben wir die kostenlos drauf als Werbegag.

Selbstverständlich gibt's Maschinen!
Wir haben auch Kinderwagen,
die kann man einfach zusammenlegen und bei Gewehrfeuer weitertragen.
Wir haben Kunst, wir wissen Rat.

Liebe haben wir leider keine.
Die macht Verdruß, die hält nur auf.
Vielleicht im Antiquariat - dritter Stock
im Ausverkauf.

DAS WARENHAUS "INTERNATIONAL" BIETER EINE UNÜBERSICHTLICHE ANZAHL UNNÖTIGER NOTWENDIGKEITEN MIT GARANTIERT EINGEBAUTEM VERBLÖDUNGSEFFEKT. TAUSENDE VON FORSCHERN FORSCHEN FÜR UND FÜR DEN FORTSCHRITT UND ENTWICKELN FÜR UNS EINE REIHE VON ERFINDUNGEN FÜR DEN FRIEDEN, DIE NATÜRLICH AUCH ZU KRIEGERISCHEN ZWECKEN VERWENDET WERDEN KÖNNEN!

Kennen Sie in Suteral den Tempel
oder in der Börse den Altar?
Bücher, Formulare, Stempel...
Übrigens: Es gibt auch eine Bar!

Nein, Nahrungsmittel haben wir keine,
wir haben Magenbitter,
Spirituosen, rote Rosen oder Babysitter,
wir haben Alkohol, Tabak und Heroin!
ROIN;ROIN;ROIN.

Nahrung haben wir nur zum Scheine
in Form von Pflanzengiften
sowie von Abführmitteln oder Zeitungsüberschriften.
Wir führen auch Epidemien

zum Vorzugspreis.
Außerdem natürlich Särge.
Wir lesen Totenmessen,
die kann man nach dem Verlesen in Dosen abfüllen - als Hundefressen.
Wir ehren posthum, wir äschen ein.

Nahrung haben wir leider keine.
Wir machen krank, wir schießen scharf.
Jedoch für Nahrung existiert heutzutage
kein Bedarf.

BEI UNS IST DER KUNDE KÖNIG, MEINE DAMEN UND HERREN! HIER EIN BILD UNSERER LETZTEN VERKAUFSKAMPAGNE: LINKS DIE GLÜCKLICHEN KAMERADEN IM LAZARETT, RECHTS DIE ZUFRIEDENEN HANDLUNGSREISENDEN DER WAFFENINDUSTRIE. BEACHTEN SIE DIE VERTRAUENSVOLLE HALTUNG DES EINBEINIGEN AN DER SEITE, SO ALS WOLLTE ER SAGEN: JAWOHL, DAS IST ECHTE QUALITÄT, DAS SIND SOLIDE GESCHÄFTSMETHODEN!

Kennen Sie schon unsere Filialen
Forschung, Obduktion und Empirie?
Haben Sie schon infrarote Strahlen
oder eine Filmakademie?

Menschen haben wir leider keine.
Die sind jetzt Mangelware.
Wir haben Puppen (auch als Gruppen) oder Ehepaare,
wir haben Romeo und Julia im Bett.
IM BETT; IM BETT; IM BETT.

Menschen - höchstens als Gebeine
in Form von Totenköpfen
sowie von Zähnen, Genitalien und Chinesenzöpfen,
in der Boutique gibt's ein Skelett

aus Leichtmetall.
Günstig sind auch die Computer!
Wir haben Atomkraftwerke,
auch Kompressoren mit eigenen Ohren von jeglicher Pferdestärke
mit Garantie und illustriert.

Menschen haben wir leider keine.
Die sind zu schwach, die fallen um.
Der Mensch taugt nur als Konsument, Zeitungsabonnent,
Abiturient,
Businesskonkurrent,
Steuerreferent,
Bundespräsident,
und natürlich Publikum!

JAWOLL, MEINE DAMEN UND HERREN, DIESE WOCHE IST WERBEWOCHE! ICH HABE EINIGE SÜßE KLEINE WERBEGESCHENKE FÜR SIE MITGEBRACHT. SEHEN SIE MAL: HÜBSCHES KLEINES SPIEGELSET, BESONDERS GUT FÜR DIE SELBSTERKENNTNIS. AUCH EIN SPIEGEL AUS HAMBURG IST DABEI, WÜRDE SIE DAS INTERESSIEREN...