Alben & Lieder

Ich red nix

1968, Text/Musik: Georg Kreisler

Nein, nein, nein, nein, ich red nix !
Ich möchte schweigen.
Ich will nix sogen – nein, nein –
Und schon gornix bezeugen.

Auch nix Alltägliches, weil –
weil mir das nicht liegt.
Ich rede mit niemand, ich klär.
Das genügt. Sie fragen warum?
Nu, ich hab meinen Grund.
Äh, die Sache ist die –
nein, ich halte den Mund!

Man redet ganz harmlos, und was hat man davon?
Schaun Sie, es gibt keine harmlose Konversation.
Gibt es nicht, glauben Sie mir.

Ich sage: Der Herr Kisch ißt heute mittag Fisch.
Man glaubt, das sollte harmlos sein.
Doch plötzlich kommt der Cohn herein und sagt:
„Wie, was - der Kisch ißt heute mittag Fisch?
Der schuldet mir doch das und das,
was frißt er Fisch, das kost doch was!
Bei so was seh ich rot,
was frißt er nicht a Brot!“

Drauf sagt zu ihm der Stern:
„Sie, Herr Cohn, das hab ich gern!
Denn Sie, Herr Cohn, sie schulden mir
dreitausend Zloty oder vier.
Und gestern hab ich Sie gesehn
beim Mittagessen, das war scheen!
Der Tisch hat sich gebogen,
Sie stopften sich den Mogen!“

Drauf sagt der Cohn: „A starkes Stück,
Sie kriegen schon Ihr Geld zurück!
Doch erstens hab ich Kinder,
mei Vater is a Blinder,
mei Tochter hat an Busenfreind,
den wünsch ich nicht meim ärgsten Feind.
Und außerdem der Kisch –
da schaun Sie auf den Wisch!
Was der mir schuldet ganz genau –
und mittags frißt er Kabeljau!!“

Drauf sagt zu ihm der Stein:
„Jetzt laßt das Streiten sein!
Der Kisch ist schließlich auch a Jud,
der seinen Zores haben tut.“

Drauf sagt zu ihm der Stern:
„Sie, Herr Stein, das hab ich gern!
Sie kümmern sich um Ihre Sach
und nicht um das, was ich hier mach!
Der Cohn ist mir was schuldig,
und ich bin nix geduldig!“

Jetzt mischt sich noch der Fein
in diesen Streit hinein.
Und gibt dem Stern zwei Watschen jetzt,
so stark, daß der sich niedersetzt.

Drauf schreit ihn an der Perl:
„Herr Fein, Sie bleder Kerl,
der Stern ist doch mein Schwiegersohn
und außerdem mein Kompagnon!“

Drauf sagt zu ihm der Sieß:
„Was schrein Sie wie am Spieß!
Sie sind doch selbst a mieser Hund!“
Der Blau sagt: „Halten Sie den Mund!“

Der Goldbaum schreit: „Ich klag Sie!“
Der Schwarz ruft rasch a Taxi,
der Rosenblatt ist längst nicht da,
der Grün ist einer Ohnmacht nah,
der Braun erschlägt den Opfermann,
der Levi spuckt den Meier an,
der Pollak sagt zum Mandelschmidt:
„Ich kündige den Vertrag hiermit!“

Nu, ist das nicht zu blöd?
Jetzt wissen Sie, warum ich nix red!