Alben & Lieder

Die Wanderniere

1956, Text/Musik: Georg Kreisler

Wir wollen uns zur guten Stund' ein Wanderliedchen singen
von Tal und Berg
und Himmelswerk
in Wald und grüner Flur.
Dies Wanderliedchen soll euch allen Freude bringen!
O, schätzet es
und setztet es
in Einklang mit Natur!

Eine Wanderniere wandert durch die Welt.
Holleri, heio, holleri, heio.
Denn nun ist sie nicht mehr ständig angestellt,
holleria, heio
Durch die Rippen zwerchfellein,
über Stock und Gallenstein
grüßt sie schnelle eine Zelle
auf dem rechten Hüftenbein,
und dann heiter gleich weiter,
holleria, heio.

Bei der Gabel unterm Nabel steht sie still,
holleri, heio, holleri, heio,
weil sie dort ihr Nabelfrühstück essen will,
holleria, heio.
Auf der Milz wächst ein Pilz,
auf der Leber sitzt ein Fleck,
und die Lunge - Junge,Junge!
ist zum größten Teil schon weg!
Aber heiter immer weiter,
holleria, heio.
In der Halle links der Galle zahlt sie Maut.
Holleri, heio, holleri, heio.
Und sie sieht ein Stückchen Himmel durch die Haut.
Holleria, heio.
Einem dringenden Bedürfnis
konnt' sie dort nicht widerstehn,
einen Knochen namens Jochen
hätt' sie beinah übersehn,
Aber heiter immer weiter,
holleria, heio.

Ringsumher war plötzlich alles still und stumm...
Holleri, heio, holleri, heio.
Nur ein Blutkörperchen flüsterte: Warum?
Holleria, heio.
Auch der Magen schien zu sagen:
Gute Nacht, ich geh' zu Bett,
selbst das Herz war still
und lag ein bißchen schief in seinem Fett.
Nur die Niere wandert heiter immer weiter,
denn das Wandern ist der Niere, Niere Lust,
mit Geschwadern feiner Adern
durch die Schwärme der Gedärme
über Knochenmark und Schulterblatt zur Brust.
Immer weiter, immer weiter,
holleria, heio,
immer weiter, immer weiter,