Alben & Lieder

Die Augen von meiner Maschine

1963, Text/Musik: Georg Kreisler

Ich hab eine Maschine gekauft
Mit Motor, Magnet und Feder
Ich habe sie 'Helene' getauft
Das ist Mode, das macht heut jeder

Dann hab ich sie tief in die Tasche gesteckt
Und zu Haus hab ich ganz etwas tolles entdeckt
Seither kann ich mich gar nicht mehr trennen von ihr
Und ich trage sie immer bei mir

Die zwei Augen von meiner Maschine
Blicken mir den ganzen Tag lang zu
Mit Verstand, mit Bedacht, mit Routine
Seh'n sie nach, ob ich das rechte tu

Manchmal bös - manchmal froh, manchmal so - manchmal so
Schaun sie ernst hin und her auf den Straßenverkehr
Und sind sehr konsterniert, wenn beinah was passiert

Und die Augen von meiner Maschine
Zählen überall das Wechselgeld
Und sie blicken mit tadelnder Miene
Wenn mir igendwer den Weg verstellt

Ja, wenn ich in der kleinsten Gefahr bin
Oder sonst über etwas nicht klar bin
Weiß ich doch, was ich tu, denn die Augen schaun zu

Ich hol sie abends nahe heran
Denn sie wachen, solange bis ich schlafe
Und wenn ich mal nicht einschlafen kann
Wachen sie trotzdem und zähln mit mir noch Schafe

Zum ersten Mal leb ich mein Leben zu zweit
Denn die Mädchen die hatten bis jetzt niemals Zeit
Wer mich sieht, macht sich fort; wer mich sucht, bleibt mir fern
Wer mich kennt, kennt mich meistens nicht gern
Doch die Augen von meiner Maschine
Schaun den Mädchen nach, die mir gefalln
Und sie sehn hinter jeder Gardine
Das verführerischste Stück von all'n

Hier ein Fuß, dort ein Zopf, da ein Mund ohne Kopf
Hier ein Bauch, dort ein Dutt, da ein Herz - schon kaputt
Hier ein Blick, hier ein Bein, hier ein Gruß - oder - nein

Ja, die Augen von meiner Maschine
Ahnen Mädchen schon voraus um's Eck
Doch sie wissen, wieviel ich verdiene
Und sie wissen, es hat keinen Zweck

Manchmal treib ich mein Blut auf die Klinge
Und erwäge vergessene Dinge
Doch ich fang mich im Nu, denn die Augen schaun zu

Ich nahm meine Maschine zurück
Zu dem Geschäft, wo ich sie einst gefunden
Doch hatte ich auch damit kein Glück
Denn das Geschäft und alles war verschwunden

Das Haus war verfalln und die Straße war leer
Doch warum es so war, wußte jetzt niemand mehr
Der Besitzer war tot und die Ware voll Staub
Und die Nachfolger blind oder taub

Und die Augen von meiner Maschine
Haben mir alles ganz genau erklärt
Und sie schienen wie feuchte Rubine
Aber leuchtender und viel mehr wert

Und dann gingen wir zwei an der Straße vorbei
Durch die Mauern rings um, um die Dornen herum
Und erreichten zugleich den versunkenen Teich

Und die Augen von meiner Maschine
Sah'n mich an und waren voller Gram
Doch ich stellte sie abseits ins Grüne
Wo der Teich ihr nicht entgegen kam

Und ich wünschte den Wolken ganz leise
Eine schöne, geruhsame Reise
Aber dann fand ich Ruh
Und die Augen sah'n zu