Alben & Lieder

Der General

1964, Text/Musik: Georg Kreisler

Der Vater ist Vertreter und ein ehrenwerter Mann,
die Mutter eine Dame, wie man selten finden kann.
Der Sohn hätt drum nach Wissen und Gewissen
ein anständiges Jingel werden müssen.
Doch Gottes Wege sind einmal verworren und diskret:
Obwohl der Sohn studierte auf der Universität,
hat er - wer hätte damals das gedacht? -
den Eltern nichts wie Schimpf und Schande eingebracht.
Sie schleichen durch die Stadt und schauen niemand ins Gesicht,
der mißgeratne Sohn ist nämlich - wissen Sie's noch nicht?

Der arme Mensch ist General,
es ist wahrhaftig ein Skandal.
Er hätte wirklich - und dafür wird er noch brennen! -
auf seine Mutter etwas Rücksicht nehmen können!
Er geht umher und tut sich groß
mit einem Streifen auf der Hos'!
Die Mutter weint, die Augen blind;
Er spielt Soldat, als wär er noch ein kleines Kind...
Macht Leuten Angst und schreit Krawall,
damit man merken soll: Er ist ein General.

Sie haben noch drei Töchter, und die machen ihnen Ehr.
Die erste ist verheiratet, ich glaub, mit ei'm Chauffeur.
Die zweite ist sogar mit einem Doktor,
der wird sie einmal heiraten - so sogt er.
Die dritte ist noch ledig, und sie läßt sich etwas Zeit.
Man sagt: Sie wird es schwer haben, weil - sie kennt zu viele Leut.
Doch muß man dabei einräumen dem Kind,
daß es zumindest bei der Sache gut verdient.
Und nur der eine Sohn hat sich so fürchterlich verirrt;
für ihn ist es nur wichtig, daß man schön im Takt marschiert:
Links-zwo-drei-vier-fünf, Links-zwo-drei-vier-fünf...

Nu ja, er ist ein General,
da ist der Schaden schon total.
Er näht sich Borten an den Rock und kleine Sterne,
und wenn die andern salutiern, daß hat er gerne.
Er schläft des Nachts in einem Zelt,
und wenn er träumt, ist er ein Held.
Dann wacht er auf und kriegt an Zorn:
statt einem Wecker kommt ein Goj mit einem Horn!
Na sag'n Sie selbst: Ist das normal?
Aus dem wird nie etwas, der bleibt ein General!