Alben & Lieder

Der Beschluß

1964, Text/Musik: Georg Kreisler

Knapp vor einem Monat saßen alle lang beisamm',
weil es 'nen Beschluß zu fassen galt.
Einer sagte ja, ein andrer sagte nein,
ein dritter sagte ja - mit Vorbehalt.
Da die Sache schwer war und verbogen,
war es zwar für alle ein Genuß;
aber man hat pro und con gewogen
und erreichte trotzdem ka' Beschluß.

Der Schwarz war da, und der Weiß war da,
und der Gold war da und der Bär;
und alle sprachen alles durcheinander,
denn der Gegenstand war sehr schwer.
Der Baum sagt ja, und der Böhm sagt ja,
doch der Grün sagt nein und der Blau
sagt gar nichts, und er kratzt sich nur am Kopfe,
das heißt bei ihm, er fragt erst seine Frau.

Es war eine äußerst interessante Diskussion,
geistvoll und gediegen und pikant.
Schließlich faßten alle eine Resolution,
darin schwarz auf weiß geschrieben stand:
Der Groß war da, und der Klein war da,
und der Katz war da und der Kohn,
und außerdem ein gutes Dutzend Namen,
die standen alle in der Resolution.

Als man sich am nächsten Tag zur selben Sache traf,
sagte einer: Gehn wir doch zu Schmoll.
Denn der Imre Schmoll ist als einziger nicht hier,
er wird wissen, was man machen soll.
Also gingen alle rasch zu Imre.
Dieser sagte: Nu, ich werd' probier'n.
Ich bin zwar nicht klug, doch gibt es Dümmre,
also muß ich erstens konstatier'n:

Der Fink ist da, und der Falk ist da,
und der Luft ist da und der Stein;
das heißt, wenn einer sagt, man soll es machen,
sagen alle anderen nein.
Der Klack ist da, und der Klug ist da,
und der Schmuck ist da, und der Schmier;
das heißt, es braucht nur einer sein dagegen,
und schon sind alle anderen dafür.

Also kommt für mich derweil nur eines in Betracht:
Ihr müßt alle gleich nach Hause geh'n.
Ich werd' überdenken das Problem die ganze Nacht.
Morgen kommt zurück, da werdn wir seh'n.
Der Blum sagt gut, und der Bloch sagt gut,
und der Blei sagt gut; nur der Blau
kratzt weiter seinen Kopf und sagt: Wozu denn,
am besten ist, wir fragen meine Frau.

Nächsten Tag in aller Früh hat sich die ganze Stadt
auf den Weg zu Imre Schmoll gemacht.
Schmoll sah alle an und sagte nur den Satz:
Gott hat mich erleuchtet in der Nacht.
Darauf herrschte selbstverständlich Stille.
Und das Zimmer war zum Bersten voll.
Aber jede einzelne Pupille
blickte voller Spannung nur auf Schmoll.

Der Pick war da, und der Schick war da,
und der Rot war da und der Blau,
und Blau hat sich im Stilln gedacht: Ich hoffe,
daß er 's gleiche sagt wie mei' Frau.
Der Fuchs war da, und der Wolf war da,
und der Berg war da und der Kraus.
Doch Schmoll genoß zuerst die kleine Pause,
und dann begann er: Freunde, hört mer aus:

Wenn ich sag', man soll es machen, dann wird es gescheh'n,
und es ist zu spät zum Korrigier'n.
Sag' ich aber nein und man läßt die Sache geh'n,
dann kann man ja noch drüber diskutier'n!
Da riefen alle aus einem Mund: Hurra, das ist gescheit!
Es ist besser, an der Sache nicht zu rühren,
später kann man immer noch probieren.
Und sie fuhren fort zu diskutieren,
und so diskutieren sie noch heut'!