Alben & Lieder

Das Grammophon

1961, Text/Musik: Georg Kreisler

Wenn es regnet, spielt im Pavillon
ein vergrämtes altes Grammophon.
Niemand stellte es seit Jahren ein,
doch wenn es regnet, spielt es von allein.

Wenn ein Liebespaar vorüberzieht,
spielt das Grammophon ein Liebeslied,
und als meine Tante mich besuchen kam,
ertönte „Glühwürmchen, Glühwürmchen, flimmre“,
bis sie Abschied nahm.

One-step, Two-step, Shimmy spielt es fabelhaft,
alte Operettenmelodien.
Wenn es blitzt und donnert, spielt es leidenschaftlich gern:
„Grüß mir die schönen Fraun im alten Wien!“

Immer lauter wird das Grammophon.
In der Stube hör ich jeden Ton.
Mit den Regentropfen auf dem Dach
spielt es im Takt die c-moll-Suite von Bach.

Langsam kommt das Grammophon in Schwung,
und man hört die Götterdämmerung.
Dann kommt Mozart, dann der Marsch „Auf in die Schlacht“,
und selbst die Leute in den Regenpfützen stehn sofort Habacht.

Dann kommt Charlston, dann ein Zapfenstreich.
Und die Nadel kratzt die Platten weich.
Dann kommt Lohengrins Schwanengesang,
und dann kommt „Robes Modes, für die Fenster Stores“,
jeder alte Schlager stundenlang!

Wenn der Regen langsam leiser wird,
und der Donner rar und heiser wird,
und der Wind kommt nur inkognito,
spielt das Grammophon pianissimo.

Wenn ich dann in meinen Garten geh,
und ein wenig nach dem Rechten seh,
und den Pavillon betreten will,
dann ist das Grammophon auf einmal still.