Alben & Lieder

Wo sind die Zeiten dahin

1969, Musik: Wolfgang Amadeus Mozart, Text: Georg Kreisler, Hans Weigel

Wo sind die Zeiten dahin,
als es noch g’mütlich war in Wien?
Als noch die herzigen Fiaker durch die Straßen glitten,
als noch die schneidigen Husaren durch die Hofburg ritten,
als noch Marie Antoinette durch Paris kutschierte,
als noch der Schubert komponierte, weil er Hunger spürte,
als noch der gute Kaiser Franz beinahe nichts erlaubte
und das Volk in Kriege lenkte,
manche köpfte, manche henkte,
nix wie Tod gab’s weit und breit,
wo ist die Zeit?

Manche sind zwar fortgeschritten,
andre Länder, andre Sitten;
Wien bleibt Wien, das ist grad das schöne dran.
Wien bleibt Wien, daß man sich dran g’wöhnen kann.
Hier gibt’s kein Lenin, ka Ho Tschi Minh, ka Disziplin,
nur Melodien und Harmonien,
die in Berlin längst nicht mehr ziehn,
weil wir in Wien alle hin und wieder sagen:
Nur nix Neu’s, bleib mer schön beim Alten.
Ändern laßt sich gar nix, weil der Wiener das net will.
Ändern laßt sich gar nix, weil die Arbeit wär zu viel.
Ja woi.

Na! Ändern laßt sich gar nix, weil die Erde sich noch dreht.
Leb mer nur so weiter, wenn mer tot sind, ist’s zu spät.
Ich sag ja schon seit dreißig Jahr:
Wozu denn ein Experiment?
Wir lassen alles so, wie’s war;
wenn man das Neue nur net kennt.
Ändern laßt sich gar nix, weil es steht ja nicht dafür.
Ändern solln die andern, weil die andern sind net wir.
Solang der Steffel noch net fallt,
solang der Prater noch net brennt,
solang die Krankenkasse zahlt,
solang mei Wirtin mich noch kennt,
solang die Oper zuviel kost‘,
solang die Ratten sich vermehrn,
solang a Madel mich noch läßt,
solang die Fremden hier verkehrn,
solang der Wein a bisserl schmeckt,
solang ist alles mir egal,
solang hab ich vor mir Respekt.
Ich werd nicht international.
Komm, Alte, trink mer noch was,
nach her könn mer weiterraunzen,

Wo sind die Zeiten dahin,
als es noch g’mütlich war in Wien?
Als noch das große alte Kaiserreich zusammenkrachte,
als noch der Dollfuß alle Roten einfach niedermachte,
als noch der gute alte Hitler bei uns einmarschierte,
als man die jüdischen Geschäfte einfach arisierte,
als man die Juden dort, wo’s hin g’hörn, in die Lager steckte,
als man die Falschheit der Franzosen wieder neu entdeckte,
als sich der Lanza an der russischen Riviera sonnte,
als man im letzten Kriegsjahr Widerständler werden konnte,
wenn wir mit die Zigaretten
nicht so viel geschoben hätten,
wär’n die Russen, diese lieben,
sicherlich bei uns geblieben,
schad um die Besatzungsleut‘,
wo ist die Zeit?

Nur die Amis san die Dummen,
weil’s jetzt als Touristen kommen.
Wien bleibt Wien, weil so viel zum Neppen gibt.
Wien bleibt Wien, weil’s genügend Deppen gibt.
Wien hat seinen Wein und seine Frau’n und seinen Wald,
die Medizin, die Schlamperein,
man muß sich trau’n, dann kriegt man’s zahlt.
Wir ham den Strauß, Johann,
Franz Joseph,
ich brauch kein Wasser in der Wohnung, lieber bleib mer schön beim Alten.
Ändern laßt sich gar nix, weil sonst hätt mer’s ja schon g’macht.
Ändern laßt sich gar nix, also Servus, Gute Nacht.
Ändern laßt sich gar nix, weil ich sowas net riskier.
Ändern laßt sich gar nix, und am allerletzten wir.
Ja woi.