Alben & Lieder

Humoreske

1968, Musik: Antonín Dvořák, Text: Georg Kreisler

Wenn die Geigen lauter geigen und die Selbsmordziffern steigen,
ahnt man schon: der Frühling ist jetzt nah.
Wenn die Leut auf Berge wallen und dabei herunterfallen,
weiß man es: Nun ist er da!

Denn der Mensch muß Berge klimmen und in tiefen Seen schwimmen,
und im Frühling nimmt er sich die Zeit.
Daß es dann an Fachkraft mangelt, die im See nach Leichen angelt,
ist 'ne Selbstverständlichkeit.

Weg mit dem Ski, dem Schitten und dem Schlittschuh!
Sperrt sie im tiefsten Keller ein!
Von jetzt an heiße es Tennis, Fußball, Jiu Jitsu.
Dabei bricht man sich genau das gleiche Bein.

Meine Tante hat vor Wochen sich ihr Schlüsselbein gebrochen,
denn sie schlug am Küchentisch ein Rad.
Daß auch Grippe überhand nimmt und den Menschen
den Verstand nimmt, ist des Frühlings erste Tat.

Auch in Punkto Liebe gibt's wahrlich nichts zu Lachen,
jeder weiß im Frühling da fängt sie an.
Und ein junger Mann macht im Frühling dumme Sachen,
die er dann im Winter schwer bereuen kann.

Schätzlein, nimm dies Blümlein, dies Blütlein von dem Bäumlein!
Preß es an dein Herzlein in wilder Lust!
Gib mir rasch ien Küßlein und träum ein süßes Träumlein -
diesen Stumpfsinn hört man von April bis August.

Später kriegt man den bewußten Frühlingsschnupfen oder Husten,
Gliederschmerzen, rot entflammten Schlund.
Doch man kann als Liebeszeichen jede Krankheit weiterreichen
als Bazill, von Mund zu Mund.

Ach, ich möchte schon seit Jahren einmal an den Nordpol fahren
zwischen Ende März und Anfang Mai.
Doch das war mir nie beschieden, und so sag ich unzufrieden:
"Also gut! Auch Frühling geht vorbei"