Alben & Lieder

Der Mensch sieht fern

1983, Text: Georg Kreisler

Die Amsel zwitschert in den Zweigen,
der Hamster hamstert einen Kern,
die Fische schwimmen, weil sie schweigen,
und der Mensch sieht fern.

Die Wicken wiegen sich im Winde,
die Mücken zwicken alle gern,
der Kuckuck fliegt mit seinem Kinde
und der Mensch sieht fern.

Kunterbunt wehen mitunter bunte Libellenwellen am See,
Finken trinken den Fluß aus, Meisen umkreisen den Klee.

Die Hügel bügeln ihre Schatten,
das Känguruh springt zur Mama,
die Kuh ermattet auf den Matten
und der Mensch, Gott sei Dank,
macht sich freiwillig krank,
er sieht fern stundenlang,
anstatt nah.

Baumlang raffen die Giraffen ihre Knie hinauf,
zur Galerie hinauf,
pfeilschnell schnellen die Gazellen durch den Sand,
wie ein Kometenschwanz,
horuck! bremsen alle Gemsen, jede Gruppe stoppt,
sobald die Kuppe stoppt,
turmhoch flutet auch der gute Elefant
im Elefantentanz.

Vom Uhu bis zum Salamander
erschuf der Himmel ein Gedicht.
So schön paßt alles zueinander,
nur der Mensch paßt nicht.

Der Büffel schnüffelt erst sein Futter,
den Laich im Teich erreicht der Hecht,
der Widder wittert seine Mutter,
nur der Mensch riecht schlecht.

Weder Maus ist die Fledermaus, noch als Vogel fühlt sie sich wohl,
Igel riegeln die Welt aus, Hasen grasen im Kohl.

Die Erde ist in ihrem Grunde
ein wechselweises Ringelreihn,
denn Eulen heulen wie die Hunde
und wunde Hunde können schrein,
Schnecken haben Hörner wie die Ziegen,
Fische können fliegen wie die Fliegen,
Kröten können flöten wie die Katzen
und die Katzen wie die Spatzen,
jeder kann von jedem was gewinnen,
alle können spinnen wie die Spinnen,
lediglich der Mensch kann keine Tricks.
Er sieht fern. Und das heißt: Er sieht nix.