Alben & Lieder

Marie Galetta

1960, Text/Musik: Georg Kreisler

Es war einmal ein Liebespaar, das hatte wunderschöne Augen
Und vier tomatenrote Wangen-
Doch es ist besser am Anfang anzufangen

Es war einmal ein junger Mann
Und eine ebensolche Dame,
Marie Galetta war ihr Name,
er hieß Karl Prinz, und jetzt beginnt’s:

Schön war der Tag, als sie vor ihm ging
Auf der Straße von Passau nach Prag.
Und weil es ein schöner Tag war, sagte er:
„Es ist ein schöner Tag!“
So kamen sie bald in ein ernstes Gespräch, vor allem über das Wetter.
Er sagte: „Es ist heiß!“
Und sie sagte: „Wie ich heiß?-
Ich heiß Marie Galetta!“

So gab ein Wort das andere.
Sie hatte lange, blonde Beine,
und einen Dackel an der Leine,
und eine volle Unterlippe
(der Dackel hatte Grippe).

Und er war ein charmanter Mann,
er hatte Augen, blau wie Pflaumen
und einen Biedermeierdaumen,
mit dem er konnte, was er wollte- jederzeit.

Schön war’n sie, jung war’n sie, stramm war’n sie, frei war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Froh war’n sie, dumm war’n sie, scharf war’n sie, zwei war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Schick war’n sie, resch war’n sie, süß war’n sie, fesch war’n sie,
also natürlich auch verliebt,
und taten alles was Verliebte tun: Sie gingen baden,
sie machten Ausflüge zu abgeleg’nen Pfaden.
Sie gingen paddeln oder segeln oder rodeln,
erklommen Berge, nur um oben falsch zu jodeln.
Und eines Tages, als der Karl in den Chiemsee sprang,
passierte es, dass er versehentlich ertrank.

Schön war der Tag, als sie zum Begräbnis ging
Auf der Straße von Passau nach Prag.
Und ein Mann, der zufällig hinter ihr ging, sagte auch:
„Es ist ein schöner Tag!“
So kamen sie bald in ein ernstes Gespräch, vor allem über das Wetter.
Er sagte: „Es ist heiß!“
Und sie sagte: „Wie ich heiß?-
Ich heiß Marie Galetta!“

So gab ein Wort das andere,
sie hatte vielsagende Beine,
und einen Dackel an der Leine.
Ihr Haar war weich.
(Der Dackel war sehr bleich)

Und er war ein charmanter Mann,
er hatte Augen, große, schwarze,
und eine wohlgeformte Warze-
die schien, wenn’s dunkel wurde ultraviolett.

Frisch war’n sie, lieb war’n sie, blöd’ war’n sie, leicht war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Flott war’n sie, nett war’n sie, frech war’n sie, seicht war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Keck war’n sie, g’schwind war’n sie, zart war’n sie, blind war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Und taten alles was Verliebte tun, in unsren Breiten:
Sie gingen schwimmen oder fechten oder reiten,
sie spielten Tennis oder schossen spitze Pfeile,
sie stiegen auf Berge insbesondere auf steile.
Und schließlich fand der Mann den Gipfel eines Bergs zu schmal
und fiel hinunter in ein weit entferntes Tal.

Schön war der Tag, als sie zum Begräbnis ging
Auf der Straße von Passau nach Prag.
Und ein Mann, der zufällig hinter ihr ging, sagte auch:
„Es ist ein schöner Tag!“
So kamen sie bald in ein ernstes Gespräch, vor allem über das Wetter.
Er sagte: „Es ist kühl!“
Und sie sagte: „... kühl?!-
Ich heiß Marie Galetta!!!“

So gab ein Wort das andere.
Sie hatte immer noch zwei Beine,
und ihren Schnauzer an der Leine.
Ihr Mund war rot.
(Der Dackel war schon tot)

Und er war ein charmanter Mann.
Er hatte Augen, schlanke, braune,
und eine goldene Posaune,
denn er war sehr bekannt als Mann von gutem Ton.

Schlimm war’n sie, hübsch war’n sie, wild war’n sie, wach war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Fein war’n sie, gut war’n sie, echt war’n sie, schwach war’n sie,
also natürlich auch verliebt.
Schlicht war’n sie, schnell war’n sie, g’scheit war’n sie, hell war’n sie,
also.. jajaja,
und taten alles was Verliebte tun: Sie hielten Hände,
sie schwor’n sich gegenseitig Liebe bis zum Ende.
Und dass das Rätsel ihres Lebens jetzt erst aufgeht,
und das der eine ohne den andern sicher draufgeht.
Doch als sie schwimmen gehen wollte, hat er schadenfroh gelacht und gesagt:
„Das kommt gar nicht in Betracht!
Das kommt gar nicht in Betracht,
aber nein ich denk ja gar nicht dran:

Ich geh’ nicht schwimmen oder baden,
denn das schmerzt mich in den Waden,
ich geh’ höchstens ins Kaffeehaus.

Ich will kein Wanderränzel schnüren,
oder dich ins Grüne führen,
doch ich führe dich sehr gerne zum Soupé aus.

Ich schieß nicht Pfeile in den Äther,
und ich reit kaan Zentimeter,
und das hat auch seinen guten Grund:

Denn schwimmen, reiten, und so fort,
das gehört zur Sparte „Sport“.
Und Sport ... ist nicht gesund!

Ich will nicht Schlittenfahr’n oder rodeln,
und auf Skis fahr’n soll’n die Dodl’n.
Ich fahre Auto oder mit dem Zug.

Ich brauch keinen Völkerball und kein Tennis,
schau kaan Berg mehr an, und wenn is
mir der Schönberg hoch genug.

Ich will nicht boxen und nicht ringen,
und nicht werfen und nicht schwingen.
Auch nicht springen oder rennen wie ein Hund.

Ich will nix kicken und nix heben,
ich will einfach länger leben,
und Sport... ist nicht gesund.

Drauf gingen beide voller Freude
In das nächstbeste Gebäude,
welches ein Kaffeehaus barg,
bestellten hundert Zigaretten,
diese rauchten sie in Ketten
mit Espresso, doppelt stark.

Von da an schlemmten sie und zechten,
so wie Sportler heimlich möchten,
denn Sportler ha’m im Leben wenig Freud.

Und sie schwelgten unverdrossen,
und sie pampften und genossen,
und sie haben’s nie bereut.

Sie hatten keine Zerrungen, Verstauchungen und Prellungen,
Verrenkungen und Blutungen und Quetschungen und Schwellungen...

... und da sie nicht am Sport gestorben sind,
lottern sie ihr leben noch heut!