Alben & Lieder

Aber reich

Text/Musik: Georg Kreisler

Augen, überall Augen,
Männer mit Augen und durstigem Blick!
Hände, überall Hände,
eine horrende Fingerfabrik!
Hände, die mich kneifen und bemalen wollen,
und nicht begreifen wollen, daß sie nur zahlen sollen.
Augen, die schon zuversichtlich strahlen wollen -
dabei schaut bei mir nichts heraus.

Münder, hungrige Münder,
Lügenverkünder, wippen im Takt!
Brillen, dunstige Brillen,
voller Bazillen, verlangen mich nackt.
Wackelgreise mit Ekstasennüstern,
die im Dunkeln leise alte Phrasen flüstern!
Tiefe Wangengrübchen, weiße Schädelknochen,
die im Hinterstübchen junge Mädchen kochen!
Die mit Backenbärten muß man nicht erklären,
weil sie stets begehrten, was sie heut begehren.

Ach, wißt ihr denn gar nicht, ihr Guten, ihr Schlechten,
wofür heut ein Mädchenherz bebt?
Was hab ich denn selbst mir in endlosen Nächten
erhofft und erträumt und erstrebt?

Ach, ich hätte so gern einen Mann!
Wie er aussieht, da liegt mir nichts dran.
Ist er Zwerg oder Riese - ganz gleich,
aber reich! Unermeßlich reich!

Ist er alt? Da ist gar nichts dabei,
denn sein Geld ist auf jeden Fall neu.
Er kann schwarz sein und rot sein und bleich,
aber reich, aber reich.

Ich will womöglich nie ohne Chauffeur sein.
Und mein Verlobungsgeschmeide muß schwer sein.
Und wo ich einkaufen geh, dort muß er sein.
Industrie muß er haben, bißchen Vieh muß er haben
und Marie muß er haben.

Er kann Schweizer sein oder auch Finn,
kann Japaner sein oder aus Brunn,
meinetwegen auch alles zugleich,
aber reich, aber reich.

Er darf griffig gebaut wie ein Gott sein,
ein Falott sein, Hottentott sein.
Ja, und käme, wie köstlich,
ein schwarzer fernöstlicher Scheich,
ich war im Nu weit bei ihm in Kuweit,
wenn ich dadurch sein Herz erweich,
verdien im Harem mein Teil in Barem,
und war vielleicht nicht wunschlos glücklich,
aber reich!

Gestern bin ich geblieben
bei einem Freund, der mich lang schon verehrt.
Schwestern hat er ja sieben,
doch unter Brüdern ist er nichts wert.

Davon kann ich zehn an jedem Finger haben,
ich kann sie älter haben, ich kann sie jünger haben.
Jeder Acker muß ja seinen Dünger haben.
Doch mehr schaut dabei nicht heraus.
Renten, kleine Studenten, Fisimatenten,
oh, welch ein Graus!
Bierchen, Stabsoffizierchen, Tanzkavalierchen
lasse ich aus.

Tatteriche, die nach Brocken haschen
und in feuchten Küchen ihre Socken waschen
oder Muskelprotze, die nur Saft vertragen,
und dann mir zum Trotze mit der Kraft versagen,
und die Wunderknaben mit den Augenschatten,
die die Zukunft haben, die sie immer hatten –

Vergangen, vergangen! Ich will jetzt nur eines,
und dann komm ich wieder in Fahrt:
Ich habe ein Sparschwein. Im Bauch dieses Schweines
hab ich schon seit Jahren gespart.

Und jetzt kaufe ich mir einen Boy,
der darf aussehen wie Braunbier mit Heu,
wie der Moritz beim siebenten Streich,
aber reich, unerschöpflich reich.

Wo ich hintrete, baut er ein Haus.
Und sein Geld quillt dann oben heraus.
Ja, für den spring ich gern in den Teich,
aber reich, aber reich.

Ich möchte täglich von neuem verreisen,
in Satelliten die Erde umkreisen
und Astronauten zum Frühstück verspeisen.
Eleganz will ich haben! Einen Glanz will ich haben!
Einen Tanz will ich haben!

Ob er Lohengrin heißt oder Hinz,
ob in Troja er wohnt oder in Linz
oder in Holland, mit´m Finger im Deich,
nichts wie reich, immer reich.

Wie Mephisto schon sagte zu Faustus,
wenn du´s nicht hast, na, dann klaust du´s.
Und das gilt auch für heute,
weshalb ich erneut unterstreich:

Ich such ´nen Hafen zum ruhig Schlafen.
Man schläft auf Euro schön und weich.
Hat er nur Dollar, na gut, dann soll er!
Er kann im Wald ein Eremit sein,
kann sizilianischer Bandit sein,
kann ein Despot sein, ein Idiot sein,
er darf auch arm sein, warm sein, tot sein,
aber reich.